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Ein letztes Wort

In der Natur zu wandern gehört zu den einfachsten Möglichkeiten der physischen Entspannung. Unsere Muskeln und unser Nervensystem werden unermesslich beruhigt von etwas, das wir als Menschen schon seit langem tun. Wandern ist ein vergessener urzeitlicher Auflockerungsprozess.

Als wir uns aufrichteten und zu Zweibeinern wurden, mussten wir uns einige zusätzliche Windungen zulegen, um den gehenden, sprechenden, geselligen Turm vor dem Umfallen zu schützen. Im Vergleich zu Hunden haben wir wesentlich mehr Muskeln, die in unseren Körpern Rotation erzeugen. Die Drehgruppe liebt die rhythmischen Bewegungen beim Wandern und regt unser gesamtes System der Weichteile zum Relaxen an, indem Verspannungen, die wir alle haben, gelockert werden.

Die Beugemuskeln auf der Vorderseite unseres Körpers sind unsere emotionalsten Muskeln. Die Fight-or-flight-Reaktion und die Freeze-Phase unseres Nervensystems können, und das passiert oft, eine chronische Verkürzung dieser Muskeln verursachen, als Reaktion auf alles was gefährlich erscheint, oder ist. So verlieren wir die Fähigkeit uns mit leichten, lockeren Schritten fortzubewegen. Wir ziehen uns mit unserem Quadrizeps vorwärts – hetzen und ziehen sind die Adjektive, die unsere Bewegung beschreiben. Unsere Quadrizepse und unsere Köpfe leiten uns. Wir sind erschöpft und sind fern jeglicher Anmut..

In der Natur zu wandern kann unsere Beugemuskeln weicher machen: das Nervensystem fühlt sich sicher und unsere Körper können unsere erhöhten Adrenalinspiegel zurücksetzen und das in unserem Leben sehr oft angespannte Nervensystem, welches Ursache vieler Krankheiten ist, kann sich beruhigen.

Unser Alltagsleben erfordert oft längeres Sitzen in Verbindung mit einer gekrümmten Wirbelsäule – ausgedehnte Zeitspannen ohne körperliche Aktivitäten und sich ständig wiederholende Bewegungen, manchmal ein ganzes Leben lang.

Wandern mit einem lockeren Becken, das gleitet, schwingt und auf und ab geht, in seinen Bewegungen einer dreidimensionalen Acht folgt, muss aus der Vorderseite der Wirbelsäule und aus den Hüften kommen. Unsere Beckenbewegung ist zu oft irgendwie gekünstelt, aus Furcht vor Sexualität und der Angst, uns selbst zum Ausdruck zu bringen und zu offenbaren. Wir bemühen uns, diesen zentralen Bereich unter Kontrolle zu halten, indem wir seine Bewegung einschränken. Zur Vermeidung eventueller Kommunikation mit anderen, lassen wir unsere Hüften nicht mehr schwingen. Wie auch immer, in den Wäldern können wir wieder anfangen, sie gleiten zu lassen; nur die Bäume sind unsere Zuschauer. Wir können beginnen, wieder Vertrauen in unsere Kugelgelenke zu haben, die über unsere Oberschenkel hinunter bis in die Füße einen guten und festen Kontakt zum Untergrund sichern. Wir werden mit einem Rebound-Effekt belohnt, da die Erde selbst uns beim Abstoßen unterstützt und das Wandern so relativ mühelos wird. Auf harten extrem flachen Böden kann diese Rebound-Erfahrung nur schwer gemacht werden. Wir brauchen die natürlichen Krümmungen und Grübchen der unbedeckten Erde.

Die harten Oberflächen auf denen wir in Schuhen laufen, tun unseren gekrümmten und zusammengedrückten Füssen nicht gut. Weiche Schuhe oder Barfußlaufen erlaubt den 22 empfindlichen Gelenken, sich zu öffnen und den Fuß seine Arbeit als Feder machen zu lassen. Das Abheben beginnt direkt am Boden und das wichtige Gelenk des großen Zehs führt den Abstoß durch und aktiviert eine Kettenreaktion bis hinauf zur kraftvollen inneren Oberschenkelmuskulatur. Die unterschätzte Kraft dieser Muskeln zu nutzen, kann uns vor einer Überbeanspruchung unserer Quadrizepse schützen.

Wenn sich unsere Hüfte frei bewegen kann und wir wandern, führt dies zu einem Schaukeln, Strecken, Rotieren und Zusammenziehen unserer Muskulatur entlang der unteren Wirbelsäule und unsere Muskeln lieben diese ständige Formveränderung. Sie brauchen sie. Es sind Muskeln, die kontinuierlich gegen die Schwerkraft arbeiten, um uns aufrecht halten zu können. Das ist harte Arbeit. Sie können mit den statischen, überladenen Bedingungen unter denen sie oft funktionieren sollen, nicht umgehen. Dies ist ein äußerst wichtiger Aspekt für ein Leben ohne Rückenschmerzen. Regelmäßiges Wandern in der Natur kann vor Rückenschmerzen schützen und zu einem großen Teil zur Befreiung von diesen beitragen.

Wenn wir unseren Rhythmus beim Wandern gefunden haben, helfen die schwingenden Bewegungen die Nackenmuskulatur zu entspannen, halten unseren Kopf davon ab, vorauszueilen und bringen ihn an seinen richtigen Platz zurück. Die Schultermuskulatur kann Ängste und Sorgen abschütteln und hinweggleiten lassen. Die Atemmuskulatur atmet vor Freude wieder zuhause in der Natur zu sein, mit einem tiefen Seufzer aus, gefolgt von einer Erweiterung des Herzens und der Rippen beim Einatmen und wir entspannen ganz tief, erinnern uns auch, ein Teil der Natur zu sein.

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