Yin/Yang in Lissabon.

Einer der letzten Orte der Welt, an dem man natürliche Nahrungsmittel vermuten würde, ist Lissabon. Oder vielleicht doch, je nachdem, was man darunter versteht.
Für Rui Rato, den Inhaber des Restaurants Tao, bedeutet natürliche Nahrung nicht nur, die Nahrungsmittel in ihrer vollständigen Form zu verwenden, sondern auch, die Zutaten harmonisch zu kombinieren. Er beachtet auch, welche Wirkung das Gesamtwerk auf Körper, Seele und Geist des Konsumenten hat. Deswegen stellen auch die Gäste ihre Gerichte selbst zusammen. Der Name des Restaurants weist schon darauf hin, denn er wurde vom Taoismus angeleitet. Nach dieser philosophischen und religiösen chinesischen Tradition bedeutet Tao der Weg, aber auch der Ursprung und die Kraft aller Dinge. Eine der Schulen des Taoismus ist der Naturalismus, in dem das Konzept von Yin und Yang eine wichtige Rolle spielt. Gemeinhin wird es mit dem femininen und dem maskulinen Wesen assoziiert, oder, wie Rui Rato sagt, “mit Gegensätzen, die sich miteinander ergänzen”. Diese Philosophie reflektiert sein gastronomisches Angebot, das weitestgehend vegan und potentiell makrobiotisch ist, je nachdem, wie der Gast seine Mahlzeit zusammenstellt.

Das Tao eröffnete vor zehn Jahren in der Rua dos Douradores in der Unterstadt von Lissabon. Das Ambiente wurde vom Zen inspiriert und es gibt sogar einen Tai-Chi-Raum im ersten Stock. Dort gibt Rui, der die Bücher “Diagnóstico Oriental” (orientalische Diagnostik) und “Segredos de Longevidade e Vitalidade através da Alimentação Micro-Macrobiótica” (Geheimnisse der Langlebigkeit und Vitalität durch Mikro-Makrobiotische Ernährung) geschrieben hat, auch seine Ernährungsberatungen und orientalischen Diagnosen. Das Tao bietet Gerichte zu € 5 mit fünf Portionen nach Art einer Kantine an. Es ist zweifellos die günstigste und leckerste Wahl, wenn es um vegetarische und makrobiotische Restaurants im Raum Lissabon geht. Aber es ist auch eindeutig das Restaurant, in dem man sich die meisten Gedanken über die Gesundheit der Gäste macht. Hier gibt es keinen weißen Reis und kein weißes Brot wie sonst so häufig. Und es ist eines der wenigen Restaurants, in dem einer leckere Desserts ohne Zuckerzusatz findet.

Auch wenn sich die Auswahl jeden Tag ändert, gibt es doch immer Vollkornreis. Oder die Spezialitäten des Hauses, panierten Seitan, gegrillten Tofu oder die Gemüsetempura (eine Art japanische Variante der portugiesischen Peixinhos da Horta, also ausgebackenes Gemüse im Teigmantel). Andere Leckerbissen sind die Gemüsetaschen, die Törtchen mit Tofu und Lauch, der Hummus, die frittierten Reisbällchen oder die Rübenblättchen. Und zuletzt treffen wir noch eine schwere Entscheidung. Welchen Nachtisch sollen wir probieren? Auch die meisten Desserts sind vegan. Es gibt süßen Reis, Alfarrobamousse, Applecrumble, Kalter Hund mit Erdnüssen, Alfarrobakuchen, Apfeltaschen, Kokosmousse oder Apfeltorte. Bei einem Preis von 6€ pro Hauptgericht mit fünf Portionen und einem Nachtisch fühlt man sich hinterher oft wie nach einem Sonntagsessen mit der Familie. Ein einziger Besuch reicht nicht, um alles zu probieren, was dieses Restaurant zu bieten hat.

“Das Tao ist nicht nur zweifellos die günstigste und leckerste Wahl, es ist auch das Restaurant, in dem man sich die meisten Gedanken über die Gesundheit der Gäste macht.”

About the author

Hugo Filipe Lopes:Soziologe, Abschluss in Klinischer Ernährung der Fakultät Ega-Moniz der Uni Lissabon. Mitarbeiter in verschiedenen Online-Publikationen, Ausbilder und Ernährungstherapeut. Auszeichnungen in Wettbewerben des “Casa da Imprensa” und “Lisboa à Letra”.