Samstag, der 4. Dezember 2021.
Vorsicht! Diese Geschichte ist nur für Tiere der Gattung homo sapiens geeignet, die selbstständig lesen und frei denken können und sich im Entferntesten für Artenvielfalt interessieren und wissen wollen, welches große, ehrbare Thema sich hinter diesem Begriff wirklich verbirgt. Wer bereits mit einem Haustier befreundet ist, wohl gemerkt „befreundet“ – unternimmt ganz sicher einen ersten Schritt in eine richtige Richtung, in die Natur des Planeten Erde und seine noch immer recht bunte Vielfalt an Flora und Fauna, die allerdings stetig abnimmt. Warum? Weil der homo sapiens über viele Generationen ein Fleischesser geworden ist und sich ein erschreckender Großteil noch immer auf der Jagd nach Ressourcen der Erde befindet. Mehr? Ja, mehr Rohstoffe aus der Erde nehmen, heißt auch, sich die Erde untertan zu machen. Der Clube of Rome beschrieb es vor kurzen mit dem Satz, den Planeten plündern. So agiert der homo sapiens.
Natürlich kann der eine oder andere homo sapiens, jenes dominierende Tier auf dem Planeten Erde auch in 2022 noch eine Reise ins Eis Grönlands unternehmen und sich dort die letzten Gletscher anschauen, bevor sie endgültig geschmolzen sein dürften;(aber warum tut er das?) oder nach La Palma, um sich einen sehr aktiven und heißen Vulkan aus allernächster Entfernung anzuschauen. Spannend und voller Abenteuer geht es zu auf dem Planeten Erde. Man fliegt zum Wandern nach Nepal und über’s Wochenende nach New York: homo sapiens liebt das Abenteuer und lebt auf seinem Planeten, als sei jeder Tag sein letzter, als gäbe es morgen schon nichts mehr zu sehen, als gäbe es keine weiteren Generationen nach ihm, als wäre es ihm egal, ob noch andere Tiere und Pflanzen auf dem Planeten lebten…
Alles mitnehmen. Es ist diese leichtfertige Philosophie der Unendlichkeit, des ewigen Wirtschaftswachstums, das frontal mit der Endlichkeit der Ressourcen des Planeten kollidiert. Homo sapiens geht auf Safaris und schießt Löwen, Nashörner und Elefanten. Lästige Fliegen tötet er mit der Fliegenklatsche. Käfer und kleine Pflanzen im Wald tritt er einfach tot. Im großen Stil macht er sich die Erde untertan: mit Maschinen und viel technischem Aufwand baut er Häuser und Straßen und fällt den Wald, Baum für Baum. Er baut Flugzeuge und fliegt von A nach B und dann nach C und irgendwann auch wieder zurück. Er fliegt auf den Mond und zum Mars und bald auch dorthin in den Urlaub, nur weil er es kann und irgendwas mit seiner Lebenszeit anfangen muß und weil er überall seine Nase reinstecken will.
Also besser zuhause bleiben? Ganz bei sich selbst sein? Mal nachdenken, ob es nicht auch anders ginge? Die Geschichte könnte also im JETZT und HIER beginnen.Man ist mittlerweile bei acht Milliarden angelangt. Manche sind sogar der Meinung, daß es viel zu viele seien, damit alle genügend Platz auf Erden finden. Nur, was ist „genügend“ und was bedeutet „Platz“? Fast alle dieser acht Milliarden homo sapiens essen Fleisch. Inzwischen leben nur noch 13% aller Tiere in freier Wildbahn und 87% in Ställen oder Zoos, neben Hühnern und Schweinen hauptsächlich jene Tierarten, die der homo sapiens täglich isst, oder soll ich schreiben, „frißt“? Auch Hummer in Aquarien gehören immer noch dazu und auch Fische. Kennt denn die Gier nach Fleisch überhaupt keine Grenzen?
Was können wir tun, um das Artensterben zu bremsen, um die Artenvielfalt zu bewahren? Und wie kommunizieren wir das? Welche Narrative bedienen wir? Einen fleischlosen Tag pro Woche will kaum einer. Beginnen wir bei der Ethik? Reden wir über die Moral? Oder besser gleich über die Heuchelei? Warum ist es im Krieg erlaubt, Menschen zu töten, nicht aber im Frieden ? Warum ißt der homo sapiens Schweine und Hühner, nicht aber seinesgleichen? Wie erklärt man das einem Kind?
Heuchlerei beginnt immer damit, den Zündschlüssel in eigenem Auto umzudrehen oder den Startknopf zu drücken und wenn der Dieselmotor dann anspringt, zeige ich mit dem Finger auf die anderen, z.B. auf Exxon Mobile und die Regierung. Oder ich kaufe mir ein Flugticket und begründe das mit fehlender Zeit. Man will sich eine lange Bahnfahrt ja nicht zumuten. Warum werden nicht alle diejenigen mit einem Freifahrtschein der Bahn belohnt, die kein CO2 mehr in die Atmosphäre emittieren?
Nähern wir uns der Artenvielfalt über den Klimawandel? Wenn homo sapiens nicht so weitermachen würde wie bisher, wird es darauf ankommen, alle Krisen gemeinsam zu betrachten und er wird dabei herausfinden, daß alle Krisen ein Teil eines einzigen großen Problems sind. Die gesamte Tierwelt, zu der ja der homo sapiens auch gehört, alle Flora und die gesamte Fauna sind in akuter Gefahr, denn die meisten Krisen bedingen einander. Der Wisenschaftler Alexander von Humboldt schrieb es einmal so auf: alles und jedes sei mit allem vernetzt. Wenn wir das verstehen lernen, werden wir beginnen uns genügsam durch die Welt zu bewegen.
Jede vierte aller erfassten Tier- und Pflanzenarten ist vom Aussterben bedroht. Das derzeitige Artensterben schreitet zehn- bis hundertfach schneller voran als in den zurückliegenden zehn Millionen Jahren. Wir befinden uns im größten Artensterben seit dem Verschwinden der Dinosaurier. Und verantwortlich dafür ist der homo sapiens, der moderne Mensch mit seinen Wünschen nach immer mehr: mehr Möbeln und mehr Papier, durch eine Lebensweise, um mit Glyphosat und anderen Umweltgiften andere Artgenossen auf der Erde auszurotten. Zuerst ganz langsam, doch dann immer schneller, bis er eines Tages mit all seinem Müll ganz allein sein wird …
Man kann es tragisch finden, wenn Eisbären oder Schuppentiere aussterben, wenn der letzte Pandabär seine Heimat verliert oder das letzte Spitzmaulnashorn abgeschossen wird. Entscheidender aber ist, daß das Verschwinden einer einzelnen Art eine Kettenreaktion auslösen kann, die das gesamte Ökosystem durchzieht. Tiere und Pflanzen sind, in ihrer gesamten biologischen Vielfalt, Bestandteil eines Netzwerkes – sie liefern Nahrung und sind Lebensgrundlagen für weitere Arten. Fehlt ein Teil, hat das Folgen. Und die betreffen schon heute den homo sapiens.
Die Bienen sind dafür das beste Beispiel. Sie gehören zu den Bestäubern, die dafür sorgen, dass Obstbäume und weitere Pflanzen jedes Jahr blühen und Früchte tragen. Sterben sie, dann wirkt sich das unmittelbar auf das Nahrungsspektrum des homo sapiens aus: Ohne Bienen keine Orangen, keine Äpfel, keinen Medronho, etc. In Portugal hängen 25 Prozent der Erträge von Bestäubern ab. Die Anzahl der Insekten, die die größte Klasse im Tierreich bilden, hat sich in den vergangenen 30 Jahren rapide reduziert, Experten sprechen von einem Rückgang von bis zu 80 Prozent.
Der Speiseplan des homo sapiens kann Arten und das Klima schützen. Gesetzt den Fall, er würde sich überwiegend vegetarisch ernähren oder sogar vegan, könnte man auch gleich die Art und Weise, wie Land- und Forstwirtschaft betrieben werden, mit verändern. Statt industrielle Monokulturen zu betreiben, könnten die vielen nachhaltigen Ideen der Permakultur mit ganzjähriger Frucht- und Gemüsefolge zu saisonaler bunter und zyklischer Ernährung führen. Müll reduzieren, auf Plastik verzichten, kurze Transportwege beschreiten, lokales Wirtschaften genauso stärken wie dem Leben einen tieferen Sinn geben. Warum werden Vegetarier und Veganer nicht mit einer Steuergutschrift dafür belohnt?
Was die Gesundheit stärkt, ist auch besser für die Umwelt in der jenes Tier namens homo sapiens nur ein Teil des Ganzen ist. Die Artenvielfalt und das Klima gleichzeitig schützen, geht nur mit Verzicht. Fehlt nur noch, einen Weg zu finden, der dorthin führt.