Samstag, der 12. Juni 2021
Die Demokratie wurde Portugal nicht geschenkt. Und so wie wir mit dem Planeten umgehen, gehen wir mit anderen Menschen um. Wir nehmen uns, was wir kriegen können. Der Mensch ist von seiner Natur her irgendwie ein Ausbeuter, Dieb und starrt voller Neid auf das, was andere haben und er nicht. Erst wenn wir in den Spiegel schauen und uns infrage stellen, bietet sich uns die einzigartige Möglichkeit zur Reflektion. Sind wir wirklich die/der, für die/den wir uns halten? Wenn du selbst gut behandelt werden möchtest, warum behandeltst du dann andere Menschen,Tiere und die Natur nicht gut? An dieser Frage messe ich mich. In einer wirtschaftlich aussichtslosen Situation wurde ich einmal von einem Menschen beschenkt. Er löste ein gravierendes Problem für mich. Deshalb weiß ich, wie wichtig es ist, daß Geben und Nehmen immer im Einklang miteinander stehen. Aus Erfahrung gut?
Erst wenn wir so viele Menschen werden, die ihre Verträge bei der EDP kündigen, daß es denen richtig weh tut, wird sich das Klima im Land ein wenig verbessern. Und dann ist es völlig egal, ob der Verein noch EDP heisst oder schon als SU Eletricidade wahrgewommen wird. Die EDP ist verantwortlich für die Emissionen von hunderten von Millionen Tonnen CO2 in ihrer Firmengeschichte, verantwortlich für Waldbrände, verantwortlich für Spekulationen und Umweltzerstörung durch unsinniges Bauen von Talsperren und verantwortlich für viele Korruptionsaffairen im Land. Das kann auf Dauer nicht gut gehen, wenn es denen immer nur ums Geld geht und sonst um nichts anderes. Erst als die ersten Solarpioniere Kundschaft bekamen, merkte die EDP in ihren Vorstandsetagen, was es bedeutet, ein wenig Geld zu verlieren. Zuerst waren es ja nur peanuts. Dann aber merkten sie, daß man sogar selbst auf den Wagen der solaren Energieproduktion aufspringen könnte und so wurde die EDP Renovável geboren. Was man mit Argumenten nicht bekämpfen kann, das kopiert man doch einfach, bevor die vielen kleinen Energieerzeuger einfach zu groß werden. Monopolisten sind schlechte Verlierer. Vom Teilen halten sie gar nichts.
Ich bin nun ein bekennendes Mitglied der Energiegenossenschaft Coopérnico und das seit Januar 2016. Damals waren es 316 Mitglieder und heute sind wir schon knapp 2.000. Tendenz steigend. Und ich habe lange überlegt, ob ich bei der EDP aussteigen und dort bei Coopérnico Mitglied werden soll oder nicht. Ich habe drei Anteilsscheine von jeweils 20 EUR erworben, und bin damit einfaches Mitglied der ersten Strom-Genossenschaft Portugals geworden. Manche Dinge im Leben schafft man nicht allein. Man muß es gemeinsam machen. Die Genossenschaftsform ist die einzig richtige Grundlage, diese Welt zum Besseren zu verändern, das letzte bißchen Gute zu bewahren und sich Verbündete zu suchen und sich selbst als Verbündeter zu outen.
Du hast eine Stimme, egal wieviel oder wie wenig Geld du hast, nutze diese Stimme, selbst wenn sie noch leise ist und nur flüstert, nutze sie. Mit jedem Tag vertraust du deiner Stimme ein wenig mehr und du wirst dir sicherer bei dem, was du willst und was du machst. Sag es dir jeden Tag. Das ist ein Teil der Demokratie in einer Wirtschaft, in der sonst nur das Geld der Maßstab ist. Ich bin erst in den letzten Jahren ein Fan der Genossenschaften geworden, auch weil es für die Menschheit weniger um Geld gehen darf, sondern mehr um die Frage, wie werden wir am Besten mit den Ressourcen dieses Planeten weiterleben und wie mit der Gier, die in uns Menschen lauert, wie können wir achtsamer mit allem anderen umgehen?
Im dritten Teil der Serie, in zehn Schritten zur Klimaneutralität, behandele ich die fossilen Brennstoffe der Mobilität und beziehe sie auch auf mein eigenes Zuhause. Koche ich mit Gas oder besser mit Elektrizität? Duschen wir mit warmem Wasser aus einer solaren Geothermie oder erhitzen wir das Badewasser mit Gas? Wie lese ich eine Stromrechnung und wie finde ich heraus, ob ich mit dem Verbrauch von Energie das Klima schädige oder heile? Denn ich habe es selbst in der Hand. Mit jeder Reise treffe ich eine wichtige Entscheidung in Sachen Mobilität: Fliegen oder den Zug nehmen? Benzin kaufen oder Elektrizität tanken? Und falls Strom, wo kommt der her, wie wird er hergestellt? Wenn Coopérnico Strom für gegenwärtig zwei Centimos pro Kilowattstunde billiger verkauft als die SU Eletricidade, sollte man doch annehmen, daß Millionen Portugiesen vom Branchenriesen zum Zwerg wechseln. Das aber passiert nicht. Womit hat das also zu tun? Sind denn alle irgendwie dumm wie eine Herde Schafe? Wenn es darum geht, das billigste T-Shirt zu kaufen, rennen die Leute ins Einkaufszentrum und gehen shoppen. Nur beim Strom stellen sich die Leute dumm? Denn wieviel Kilowattstunden ein Konsumbürger im Monat durchschnittlich verbraucht, kann einem keiner bei dem Interview sagen. Ich stehe vor diesem Einkaufszentrum mit Payshop und frage als Jornalist höflich nach der Menge verbrauchten Stroms. Frage Eins lautet: Wieviel Kilowattstunden Strom verbrauchen Sie im Durchschnitt pro Monat? Die Antwort läßt auf sich warten. Die zweite Frage: Kennen Sie den aktuellen Strompreis Ihres Stromanbieters pro kW/h? Von 100 Befragten weiß kein einziger über den Verbrauch und den Preis pro KW/h Bescheid. Ich glaube es nicht. Ich breche die Umfrage nach 100 Befragungen in Portimão ab.
Und das Resultat meiner Befragungen kennt der grosse Stromanbieter selbst auch. Für ihn gehören die Umfragen zum Tagesgeschäft. Und mit der Dummheit seiner Kunden weiss er geschickt umzugehen. Denn seine Rechnungen sind wenig transparent und nicht einfach zu lesen. Und so soll es am Besten auch bleiben. Die dritte Frage nämlich lautet: Kennen Sie den Anteil der sauberen Ressourcen Wind und Sonne an ihrer verbrauchten Elektrizität? Am Besten stellt man den meisten Kunden der SU Eletricidade keine dieser Fragen. Es lohnt die Mühe nicht. Das Ergebnis ist niederschmetternd. Aber sowohl bei Coopérnico als auch bei anderen „Wadenbeißern“ des liberalisierten europäischen Strommarktes hat der Konkurrenzkampf jetzt begonnen. Wenn ich bei Coopérnico Strom kaufe, weiß ich, daß meine CO2 Emissionen heute bereits NULL sind und ich zwei Cent weniger pro kW/h bezahle. Und weil ich anfangs von Demokratie sprach, Coopérnico ist aktiv gelebte Demokratie. Der Vorstand wird alle vier Jahre neu gewählt und kann auch abgewählt werden…
Fortsetzung nächste Woche…