Spezialist in der Ökonomie des Glücks
Gabriel Leite Mota, 33, ist der erste portugiesische Doktor in der Ökonomie des Glücks. Diesen Titel erhielt er von der Ökonomischen Fakultät der Universität Porto (FEP) im Jahre 2010, an der er 2002 sein Diplom machte. Er lehrt Ökonomie, Politik und Glück am ISPA, dem Höheren Institut für Sozialwissenschaften und Politik und ist als Forscher im Forschungsnukleus für Mikroökonomie der Universität Minho tätig. Außerdem ist er Chronist und Kommentator. Seine Forschungsgebiete reichen von der Ökonomie des Wohlbefindens bis hin zur Ökonomie des Verhaltens und der Experimentalökonomie. Er gehört zu einer Elite von Wirtschaftswissenschaftlern, die die bestehende politisch-ökonomische Ordnung, die auf der Schaffung von Reichtum besteht, durcheinanderbringen. Er meint, dass es vor allem darauf ankommt, dass sich die Länder auf die Zufriedenheit ihrer Bevölkerung konzentrieren sollen. Eine Utopie? Nicht wirklich. Wenn man sich auf den Ursprung des Wortes Ökonomie besinnt, findet man Oikos, was Haus bedeutet, und Nomos, was verwalten bedeutet, also Haushaltsführung oder -verwaltung. Die Essenz dieses Begriffes basiert also auf der guten Verwaltung der Ressourcen und ihrer möglichst gerechten Verteilung, um den Bedürfnissen aller Bewohner des Hauses gerecht zu werden. Und es ist das Wohlbefinden der Menschen, das im Epizentrum der Berechnungen stehen sollte.
Von Harvard bis hin zur London School of Economics hat die Ökonomie des Glücks als wissenschaftliches Forschungsfeld an Einfluss und Prestige gewonnen. Gabriel Leite Mota ist eine Stimme mehr in der Gegenströmung, die sich den Studien des ökonomischen Wachstums, der Inflation und der Arbeitslosigkeit entgegenstemmt. Er untersucht, wie diese Faktoren mit Glücksindikatoren zusammenhängen. Diese sind ja vor allem subjektiv, daher stellt sich die Frage: wann ist man glücklich mit seinem Leben? Diese Frage hebt sich ab von der übertriebenen Schematisierung der Ökonomie, die von teilweise unrealistischen und statischen Hypothesen gestützt wird, als ob alle weiteren Umstände gleich seien. Sie beantwortet sich in der Analyse menschlicher Reaktionen in realen Situationen. Es wird nicht nur das Bruttoinlandsprodukt (BIP) betrachtet, das ja an sich eine Maßeinheit des wirtschaftlichen Wachstums und des Reichtums ist. Das BIP ist bisher der Grundstein für die Entscheidungen der Wirtschaft im Rahmen der traditionellen Ökonomie. Mota untersucht hingegen auch die Indikatoren für die Quantifizierung des Glückes. So ermittelt er das Inlandsglücksprodukt (IGP). Es gibt Rankings wie den Happy Planet Index, die Länder nach ihrem Glücksempfinden auflisten, und Datenbasen wie die World Data Base of Happiness, die Daten über das Glück in der ganzen Welt sammeln. Dadurch ergibt sich eine reichhaltige Menge an Informationen, die noch sehr viel gründlicher analysiert werden muss. Man denke nur an die USA. Sie haben das höchste BIP der Welt, mit den meisten Übergewichtigen der Welt, die Todesstrafe, kein umfassendes Gesundheitssystem und eine mittlere Lebenserwartung unter der portugiesischen.
Die Schlussfolgerungen des Forschers erbringen den wissenschaftlichen Beweis für die These, dass „wirtschaftliches Wachstum nicht synonym ist mit Wohlbefinden“. Er schließt sogar, dass sich die Menschen umso weniger glücklich fühlen, je reicher ein Land ist. Beziehungsweise, dass das Glück umgekehrt proportional zum Reichtum wächst, bis zu dem Punkt, an dem Reichtum kein Glück mehr bewirkt. Wann kommt der Punkt, an dem wir mit den Mitteln, die wir haben, nicht mehr glücklicher werden können? Es lohnt sich, das Glück zu erforschen!